THE LOOMING TOWER

(c) Amazon
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GQ-MAGAZIN.DE / 13. März 2018

Kritik zu „The Looming Tower“: FBI versus CIA und die Vorgeschichte zum 11. September

 

Hätte der 11. September verhindert werden können? „The Looming Tower“ bei Amazon Prime erzählt von der Jagd auf Osama bin Laden und von der Rivalität zwischen FBI und CIA.

 

Mini-Serien mit realem Hintergrund haben momentan Hochkonjunktur: Die Anthologie-Serie „American Crime Story“ hat sich zum Beispiel die Ermordung des Designers Gianni Versace vorgeknüpft und „Manhunt: Unabomber“ handelt von der Suche der FBI-Profiler nach dem Briefbomben-Attentäter Ted Kaczynski in den 90er-Jahren. Die neue, auf zehn Episoden angelegte Serie „The Looming Tower“ beschäftigt sich aktuell mit der Vorgeschichte der Angriffe auf New York am 11. September 2001. Als Basis diente das mit dem Pulitzer-Preis ausgezeichnete Sachbuch „Der Tod wird euch finden“ von Lawrence Wright.

 

Hätten die Anschläge vom 11.September theoretisch verhindert werden können? Genau diese Frage treibt bei „The Looming Tower“ die Handlung an: Die neue Serie erzählt von den Terrorexperten von FBI und CIA, die 1998 dem Netzwerk Al-Qaida auf der Spur sind - allerdings ohne an einem gemeinsamen Strang zu ziehen. Die Arbeit der beiden Behörden ist von persönlichen Rivalitäten geprägt: Streitigkeiten und wüste Beschimpfungen sind an der Tagesordnung.

 

Im Zentrum der Handlung stehen die Ermittler John O'Neill (Jeff Daniels), der Chef der New Yorker Anti-Terrorismus-Einheit des FBI und Agent Ali Soufan (Tahar Rahim), der libanesische Wurzeln hat. Der Dritte im Bund ist Professor Martin Schmidt (Peter Sarsgaard), Leiter der CIA-Einheit in Washington, die hinter Osama bin Laden her ist. Die Serie folgt den FBI- und CIA-Ermittlern, während sie nach Informationen suchen, ins Ausland reisen und versuchen, die bevorstehenden Angriffe auf US-Boden zu verhindern. Agent O'Neill und Professor Schmidt stehen sich in feindseliger Abneigung gegenüber. „Fuck John O’Neill" sagt Schmidt über den FBI-Ermittler. „Fuck the motherfucker“, flucht jener über seinen Gegner bei der CIA.

 

Der Beginn der Katastrophe

 

In der ersten Folge von „The Looming Tower“ sieht man, wie 1998 in Kairo der Datenträger eines Islamisten entwendet wird und schließlich bei der CIA-Einheit „Alec Station“ in den USA landet. Eigentlich ein Fest für die Ermittler, doch Leiter Martin Schmidt will seine neuen Erkenntnisse nicht an den FBI-Mann John O’Neill weitergeben. Die Ermittlungen der beiden Behörden können jedenfalls die katastrophalen Anschläge auf die US-Botschaften in Daressalam und Nairobi, bei denen 224 Menschen sterben, nicht verhindern.

 

FBI-Agent Ali Soufan ist der Mann der Stunde – er spricht arabisch, was zu diesem Zeitpunkt nur bei acht weiteren Mitarbeitern von insgesamt mehr als 10.000 der Fall ist. Soufan wird bald von seinem Chef O’Neill hofiert und nach Albanien geschickt. In Tirana spürt er mit lokalen Beamten eine Al-Qaida Bombenwerkstatt auf und verfolgt einen Verdächtigen. Neues Material oder Informationen auf weitere Attentate findet er dort aber nicht.

 

Die nächste Folge zeigt die Aufräumarbeiten nach den Anschlägen in Nairobi, die Flucht eines der Terroristen und die Suche nach einer angemessenen Reaktion auf die Attentate. FBI-Agent Soufan fliegt nach London, um dort zusammen mit den Behörden vor Ort zu ermitteln. Diese Episode beleuchtet auch die persönlichen Lebensläufe der Hauptfiguren. So hat John O´Neill neben einer Ehefrau noch zwei weitere Frauen, die jeweils von der Existenz der anderen nichts wissen.

 

Realistisch wie ein Doku-Drama

 

„The Looming Tower“ ist streckenweise fast so realistisch wie ein Dokumentarfilm: Historische Aufnahmen und gespielte Sequenzen sind so gekonnt geschnitten, dass man oft gar keinen Unterschied erkennt, wie zum Beispiel bei einem Interview mit Osama bin Laden. Drehorte wie Kairo, Islamabad, Nairobi, London oder New York fördern zusätzlich den Realismus der Serie.

 

Inszeniert wie ein Thriller und mit routinierten Darstellern wie Jeff Daniels oder Peter Sarsgaard, dürfte eigentlich nichts schief gehen. Trotz aller Authentizität, bleibt aber bei den ersten beiden Teilen, die vorab zu sehen waren, leider die Spannung ein wenig auf der Strecke. Das ist natürlich Geschmackssache, das Thema ist ja immerhin von großer weltpolitischer Bedeutung. Doch natürlich sollte man komplexen Erzählungen ausreichend Raum zur Entfaltung geben – ob „The Looming Tower“ wirklich ein großer Wurf ist, werden erst die nächsten acht Episoden zeigen.

 

"The Looming Tower“ ist seit dem 10. März bei Amazon Prime Video abrufbar.

 

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Teaserbild: (C) Amazon Prime