FEAR THE WALKING DEAD

(C) AMC / Amazon Prime
(C) AMC / Amazon Prime

 

GQ-MAGAZIN.DE / 16. April 2018

Fear the Walking Dead Staffel 4: Kollision im Zombie-Serienuniversum

 

Madison Clark und Co treffen endlich mit anderen Figuren aus „The Walking Dead“ zusammen. Das war auch dringend nötig.

 

Ein graublauer Himmel blickt düster herab auf die Straße, die über den Staudamm führt. „Verabschiedet euch, wenn ihr wollt“, sagt Gangleader Proctor John zu den Clarks. Alicia, Nick und Madison umarmen sich und die beiden Frauen werden abgeführt. Nick bleibt zurück und wünscht auch Victor Strand eine gute Reise. Plötzlich hält der Ex-Junkie einen Zeitzünder in der Hand – er droht, den ganzen Damm in die Luft zu jagen. Während Alicia, Madison und Strand mit einem Schlauboot flüchten, hält Nick die Proctor-Gang in Schach.

 

Nur wenige Augenblicke später löst er die Explosion aus. Die Wucht der Detonation erschüttert den Damm und die Flut reißt das Schlauchboot mit hinab ins Chaos. Soweit das offene Ende der dritten Staffel von „Fear the Walking Dead“. Madison Clark kann sich Kilometer flussabwärts an das Ufer des Kanals retten – sie ist die Einzige, von der wir wissen, dass sie überlebt hat. Wie es weiter geht, kann man nun beim Serienstart von Staffel 4 erfahren – zu sehen ab dem 16. April bei Amazon Prime Video.

 

Ein kritischer Rückblick

 

„Fear the Walking Dead“ ist ein Spin-off der AMC-Produktion „The Walking Dead“, eine der erfolgreichsten amerikanischen Serien zur Zeit. Das Original ist eine Adaption der Comicserie von Robert Kirkman und Tony Moore, das Spin-off eine Erweiterung des Serienuniversums mit neuen Figuren und einer eigenständigen Handlung. „Fear the Walking Dead“ spielt zeitlich einige Wochen vor dem Original.

 

„The Walking Dead“ ist unter anderem deswegen so erfolgreich, weil hier auch essentielle menschliche Konflikte behandelt und elementare Probleme des Zusammenlebens thematisiert werden. Wie verhält man sich im Angesicht einer Katastrophe? Wie schützt man seine Familie? Welche Mittel sind legitim, wenn es um die Verteidigung der eigenen Zuflucht geht? Solche und weitere moralische Fragen werden bei „The Walking Dead“ in Szene gesetzt. Die Serie ist also viel mehr als nur ein blutiges Spektakel für Fans des Zombie-Genres. Erst in Staffel 7 wird das Maß an Grausamkeiten deutlich überschritten: Hier wird auf sadistische Weise gefoltert, gequält und Menschen werden psychisch gebrochen. Es scheint schwierig zu sein, die Fans nach all den Jahren noch bei Laune zu halten. Mittlerweile geht „The Walking Dead“ in die achte Runde und die neunte Staffel ist für Herbst 2018 geplant.

 

 

Eine softere Version von „The Walking Dead“?

 

Bei „Fear the Walking Dead“ steht zunächst das Zusammenhalten der Patchwork-Familie Clark stärker im Vordergrund und der Beginn der Katastrophe wird etwas ruhiger erzählt als beim Original. Der Zusammenbruch der Infrastruktur geht zudem langsamer vonstatten: So ist anfangs noch für eine Weile Strom da und das Militär übernimmt die Kontrolle; im Verlauf der Handlung flüchten die Clarks von Los Angeles nach Mexiko, und von dort wieder zurück in die Grenzregion.

 

Dass auch hier ein Verrohungseffekt einsetzt und die Protagonisten nach und nach zu Mördern werden, versteht sich von selbst, doch der Prozess dauert länger als bei „The Walking Dead“. Die Handlungsorte sind in einer wesentlich „sterileren“ und weniger dunklen Welt angesiedelt: So landen die Clarks in der zweiten Staffel auf der Luxusjacht von Victor Strand, danach auf einer schönen mexikanischen Farm sowie auf einer abgelegenen Ranch, die für den Weltuntergang bestens ausgerüstet ist.

 

Alles in allem kommt „Fear the Walking Dead“ leider nicht an das Original heran: Die Handlung ist oft ziemlich unglaubwürdig und unrealistisch. Auch die deutlich weniger komplexen Hauptcharaktere helfen einem nicht weiter. Figuren wie Nick Clark (Frank Dillane) oder Victor Strand (Colman Domingo) geht man einfach nicht auf den Leim. Ihren Handlungen steht man nicht selten sogar teilnahmslos gegenüber. Auch die wichtigste Hauptfigur, Familienanführerin Madison Clark (Kim Dickens) ist nur ein schwaches Abbild von Deputy Sheriff Rick Grimes (Andrew Lincoln) aus „The Walking Dead“.

 

Stellt sich die Frage: Was haben sich die Serienmacher von „Fear the Walking Dead“ dabei gedacht? Eigentlich war das Spin-off als Erweiterung gedacht, doch jetzt versinkt alles in Bedeutungslosigkeit. Diese Serie hätte man sich auch sparen können. Da auch die Zuschauerquote stagniert und Fans sich schon seit längerer Zeit ein Serien-Crossover gewünscht haben, steht jetzt der Fusion beider Serien wohl nichts mehr im Weg. Na endlich, könnte man sagen! Wurde auch Zeit.

 

(c) AMC / Amazon Prime
(c) AMC / Amazon Prime

 

„Fear the Walking Dead“ triff auf „The Walking Dead“

 

In der neuen Staffel betritt Morgan Jones (Lennie James aus „The Walking Dead“) die Bühne von „Fear the Walking Dead“ – doch wie das Zusammentreffen der Helden beider Serien geschieht, soll an dieser Stelle nicht verraten werden. Weitere Neuzugänge im Serienuniversum sind Naomi (Jenna Elfman), der Cowboy John (Garret Dillahunt) und Althea (Maggie Grace), die mit einem modifizierten SWAT-Geländewagen unterwegs ist. Durch einen Rückblick erfährt man, was Morgan Jones auf seiner Reise erlebt hat und wie er schließlich in der Gegend landet, in der sich Mitglieder der Familie Clark gerade aufhalten. Auch Rick Grimes und weitere Figuren aus der Original-Serie haben hier einen kurzen Auftritt. Der düstere Look von Staffel 4, mit verwilderten laubbedeckten Straßen und verrosteten Öltanks erinnert nun stärker an „The Walking Dead“ – eventuell auch ein Zeichen für die visuelle Annäherung beider Serien.

 

Wie bereits in der Langversion des aktuellen Trailers zu sehen ist, haben die Mitglieder der Clark-Familie sowie Victor Strand die Sprengung des Damms überlebt: Alle leben nun zusammen an einem neuen sicheren Ort. Was unmittelbar nach der Explosion passiert ist, wird auch in den ersten beiden Episoden, die vorab für die Presse zu sehen waren, nicht erzählt. Dass Nick von Morgan Jones Prügel bezieht, deutet auf einen möglichen Konflikt hin und hat (neben der Schadenfreude des Kritikers) auf jeden Fall Interesse geweckt. So nach dem Motto: Figur aus der Original-Serie verprügelt eine Figur aus dem Spin-off.

 

Wenn alles gut läuft, scheint sich die Fusion beider Serien gelohnt zu haben: Die Handlung könnte mit Hilfe der neuen Charaktere deutlich spannender und vielschichtiger werden.

 

„Fear the Walking Dead“ (Staffel 4), zu sehen ab dem 16. April bei Amazon Prime Video.

 

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Teaserbild: (c) AMC / Amazon Prime