GLASS-REGISSEUR IM INTERVIEW

(c) UNIVERSAL PICTURES
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GQ Magazin / 17. Januar 2019 / Wie veröffentlicht

M. Night Shyamalan: "James McAvoy ist ein Tsunami"

 

Er war mit "The Sixth Sense" ein Wunderkind des amerikanischen Kinos und verlor sich danach so ein bisschen im eigenen Drang nach immer noch überraschenderen Wendungen. Mit "Split" und jetzt "Glass" hat M. Night Shyamalan aber zu alter Form gefunden. Im Interview mit GQ.de spricht er über seine großartigen Schauspieler und seinen Drang zu provozieren.

 

 

GQ: Wann haben Sie zum ersten Mal darüber nachgedacht, die Handlung von „Unbreakable“ und „Split“ miteinander zu verschmelzen?

 

M. Night Shyamalan: Das war schon lange meine Absicht. Meine eigenen Reaktionen auf “Unbreakable” und viele weitere Dinge haben mich aber dazu veranlasst, auf “Split” zu warten. Die Dinge, die mich motiviert haben, ohne die Verlockung der Sicherheit einer Fortsetzung. “Split” konnte also im Wesentlichen nicht davon profitieren, denn das war ja das Geheimnis des Films, dass er Teil von etwas Größerem ist.

 

Ein Fan kommentierte "Glass": Das ist wie „The Avengers“ für Erwachsene. War das auch ihre Absicht bei diesem Film – also sozusagen ihre eigene neue Version eines Superhelden-Filmes zu erschaffen?

 

(lacht) Wissen Sie, ich liebe dieses Format und ich denke, das Thema Comic-Books kann sich sehr unterschiedliche Ansätze leisten. Wenn Regisseure nur eine leicht andere Farbe zum Genre hinzufügen, zum Beispiel einen Hauch Western zu “Logan” bewirkt das schon, dass sich die Zuschauer noch mehr für dieses Genre interessieren.

 

Ich hoffe, ich kann mich dem Thema durch ein Psycho-Thriller Format annähern. Es wird aufregend sein für das Publikum, wie eine Art originelle Neuauflage.

 

Genau wie bei „Split“ haben Sie wieder mit Blumhouse Productions zusammengearbeitet. Wie war die Zusammenarbeit? Jason Blum limitiert das Storytelling ja immer gerne auf nur wenige Handlungsorte.

 

Meine Beziehung zu Jason Blum ist sehr ungewöhnlich. Ich mache meine eigenen Filme und beschäftige ihn als Produzenten. Es ist also ganz anders als die Filme, die er produziert. Er ist bei mir eher eine Art Berater – ich finde, er ist die Nummer 1 in Sachen “Original Content” in Hollywood. Ich finde ihn sehr smart und er ist ein wirklich netter Kerl. Also wollte ich ihn einfach als Freund bei meinen Filmen mit dabei haben, um mich zu unterstützen. Aber die Herstellung des Films, den wir in Philadelphia mit meiner Produktionsfirma machen, bezahle ich.

 

Also Ihnen gehört das Drehbuch und Sie haben alle Freiheiten?

 

Ich besitze alle Rechte. Jason ist nur beim Finish des Drehbuches mit dabei oder am Ende der Dreharbeiten, um uns mit seinen Kommentaren zu unterstützen.

 

Wie weit spielen erotische Fantasien eine Rolle? Sie legen immerhin weibliche Cheerleader in Ketten. Könnte das ein Problem sein für die „Metoo“-Generation in Hollywood?

 

(lacht) Das glaube ich nicht. Das ist mehr ein Hinweis auf Split und dass Kevin Wendel Crumb (James McAvoy im Film) nur die glücklichsten Mädchen auswählt, eben genau jene, die am besten angepasst sind. Also Mädchen, die aus seiner Sicht nichts zu sagen haben.

 

 

Anya Taylor-Joy war in "Split" großartig. Wie sind Sie für die Fortsetzung an ihren Charakter herangegangen?

 

Ich war so aufgeregt bei der Entwicklung ihrer Filmfigur. Sie hat fantastisch gespielt in “Glass” – sie ist als Schauspielerin gewachsen, es war eine wunderbare Erfahrung. Diese Storyline war für mich am interessantesten: Die Geschichte des Opfers eines Serienmörders. Und das Opfer wurde vom Serienmörder frei gelassen. Der Serienmörder ist der Einzige, der findet, dass sie hübsch ist und tatsächlich besteht eine Verbindung zwischen den Beiden.

 

Sie zeigt keine besonders komplexe Reaktion, als sie wieder im normalen Leben ist. Sie hat sich wegen dem “Beast” zum Besseren verändert. Es ist also eine sehr ungewöhnliche Beziehung zwischen den Beiden: Alle gehen davon aus, dass sie traumatisiert ist, es ist verrückt, aber in Wirklichkeit ist sie geheilt.

 

(c) Universal Pictures
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'Wie war es, mal wieder mit Bruce Willis und Samuel L. Jackson einen Film zu machen?

 

Wirklich fantastisch – für mich waren sie immer wie große Brüder, als sie mich als junger Mann Regie führen ließen. Jetzt, als Erwachsener, kann ich wieder mit ihnen zusammenarbeiten – so ist ein Traum wahr geworden. Samuel und Bruce haben sehr unterschiedliche Persönlichkeiten: Bruce ist sehr leise, er hängt mit uns am Filmset ab und ist eher zurückhaltend. Wir sind Freunde – Bruce und ich haben uns mehrere Male mit unseren Familien getroffen, wir sind oft in Kontakt.

 

Und Sam redet sehr schnell, er geht am Set hin und her und alle Augen sind auf ihn gerichtet. Du weißt, dass er sich über dich und alles andere lustig machen wird. Beide Schauspieler erlauben mir, sie zu pushen, um eine bestimmte Sache zu bekommen. Sie wissen, dass ich eine bestimmte Idee im Kopf habe, und dass ich bereits weiß, wie die Szene aussehen wird.

 

Ich habe festgestellt, dass die meisten Schauspieler begeistert sind, wenn der Filmemacher wirklich weiß, was er will. Sie wollen ihm oder ihr das geben und es genau so machen. Wenn das nicht klar ist, beginnen sie irgendwann die Sache selbst zu übernehmen.

 

Unbreakable“ ist mittlerweile ein Klassiker. Kennen die Kids von heute den Film überhaupt?

 

Tun sie! Das Schöne an Split war, dass die eine Hälfte des Publikums wusste, um was es ging, und die andere Hälfte nicht.

 

Die Hälfte, die keine Ahnung hatte, war die jüngere Gruppe – und diese jungen Leute können sehr gut recherchieren und forschen. Das gefällt ihnen. Für mich besteht der Traum darin, die zwei Generationen miteinander zu verbinden. Ich denke es hat wirklich Spaß gemacht.

 

Gibt es noch etwas, was Sie unbedingt über “Glass” erzählen möchten?

 

Yeah, ich denke, diese Mischung – also ein Psycho-Thriller über das Thema Comic-Bücher, ist provokativ. Aber für mich sind vor allem die schauspielerischen Leistungen der wirkliche Grund, warum man den Film ansehen sollte. Insbesondere Samuel L. Jacksons und Sarah Paulsons Performances sind fantastisch.

 

Aber da ist natürlich auch noch James McAvoy – er ist der Tsunami im Film. Darüber wird das Publikum am meisten sprechen. Er ist der Hai!  (lacht)

 

 

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